Wissenschaftliche Arbeit über verschiedene Exklusivitätsformen innerhalb von Beziehungen, Bindungstypen und Beziehungszufriedenheit
Hier findest Du eine Zusammenarbeit sowie die "Conclusion and Practical Implications" meiner Abschlussarbeit über Bindungsstile und vielfältige Beziehungskonzepte in Bezug auf die Beziehungszufriedenheit auf Deutsch und (im Original) auf Englisch. Die gesamte Arbeit kannst Du außerdem (auf Englisch) als PDF herunterladen. Wenn Du Interesse an Austausch darüber oder auch an den anonymisierten Originaldaten (N=497) zu weiteren Forschungszwecken hast, schreib mir gerne eine Mail an poly-paar-beratung@e.mail.de
Masterarbeit Psychologie, Universtität Kassel, Übersetzung auf Deutsch
Bindungsstile und Beziehungs-zufriedenheit in monogamen und konsensual nicht-monogamen Beziehungen
Zusammenfassung
Die traditionelle Annahme in der Bindungstheorie, unter vielen Therapeut:innen und in der Gesellschaft ist, dass monogame Beziehungsvereinbarungen eine Voraussetzung für sichere Bindungen und hohe Beziehungszufriedenheit darstellen, während konsensuell nicht-monogame (KNM) Beziehungen häufig als eine Strategie zur Vermeidung von Bindung angesehen werden. Im Einklang mit einer wachsenden Zahl von Studien, die beide Annahmen hinterfragen, untersucht die vorliegende Studie die Zusammenhänge zwischen den beiden häufigsten Bindungsstilen (ängstlich und vermeidend), der Beziehungszufriedenheit und dem Grad der Beziehungsexklusivität. Beziehungsexklusivität wird hierbei als kontinuierliche Variable operationalisiert, die von Monogamie bis hin zu nicht-hierarchischer Polyamorie reicht und sowohl sexuelle als auch emotionale Aspekte umfasst.
Mithilfe eines Online-Fragebogens gaben die Teilnehmenden (N_Subjekte = 497) Informationen zu bis zu vier ihrer aktuellen und früheren Beziehungen an (N_Beobachtungen = 1.159). Die Ergebnisse von vier Mehrebenenmodellen zeigten, dass die Beziehungszufriedenheit mit zunehmender Beziehungsexklusivität leicht abnahm (𝛽 = 0,06) und durch einen vermeidenden Bindungsstil negativ vorhergesagt wurde (𝛽 = -0,12). Ein ängstlicher Bindungsstil erklärte hingegen keine zusätzliche Varianz der Zufriedenheit. Bindungsstile und Beziehungsexklusivität korrelierten nicht miteinander, und der Zusammenhang zwischen Exklusivität und Zufriedenheit blieb unabhängig von den Ausprägungen der Bindungsstile konsistent. Diese Befunde deuten darauf hin, dass Personen in weniger exklusiven CNM-Beziehungen ähnliche Bindungsmuster aufweisen und mindestens genauso viel Zufriedenheit erleben können wie Personen in stärker exklusiven (einschließlich monogamen) Beziehungen.
Einschränkungen der Studie, darunter eine gezielte Stichprobenrekrutierung, sowie mögliche zukünftige Forschungsansätze wie Langzeitstudien werden diskutiert. Diese Arbeit könnte praktische Relevanz für Paartherapeut:innen und Personen haben, die unterschiedliche Grade von Beziehungsexklusivität erkunden.
Schlüsselbegriffe: konsensuelle Nicht-Monogamie, Beziehungsexklusivität, Bindungsstile, Beziehungszufriedenheit, Mehrebenenmodell
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Schlussfolgerung und praktische Implikationen
Diese Studie ist die erste, die die Unterscheidung zwischen monogamen und verschiedenen Formen konsensuell nicht-monogamer (KNM) Beziehungen als kontinuierliche Variable konzeptualisiert und sie in Bezug zu Bindungsstilen und Beziehungszufriedenheit setzt. Unter Berücksichtigung dieser Operationalisierung und der zuvor diskutierten Einschränkungen legen die Daten nahe, dass Personen in weniger exklusiven Beziehungen tendenziell etwas zufriedener sind. Darüber hinaus betonen die Ergebnisse, dass ein vermeidender Bindungsstil mit einer geringeren Beziehungszufriedenheit über alle Beziehungstypen hinweg assoziiert ist und dass das vereinbarte Maß an Exklusivität nicht mit unsicheren Bindungsstilen korreliert. Diese Befunde stützen die Annahme, dass weniger exklusive nicht-monogame Beziehungen keine allgemeine Strategie sind, um Bindung und Nähe zu vermeiden, sondern vielmehr eine alternative Möglichkeit darstellen, eine mindestens vergleichbare Zufriedenheit wie in monogamen Beziehungen zu erleben. Dies steht im Einklang mit früheren Studien (Rubel & Bogaert, 2014).
Zudem zeigt die Studie keine signifikante Interaktion zwischen Bindungsstilen und Beziehungsexklusivität in Bezug auf die Beziehungszufriedenheit. Dies lässt darauf schließen, dass Personen mit einem bestimmten ausgeprägten Bindungsstil weder in monogamen noch in weniger exklusiven Beziehungen tendenziell zufriedener sind – abgesehen von der geringfügigen Assoziation zwischen Exklusivität und Zufriedenheit. Es scheint daher nicht angebracht, Personen mit ängstlichen oder vermeidenden Bindungsstilen entweder zu monogamen oder nicht-monogamen Beziehungen zu raten, basierend auf der Erwartung eines größerer Zufriedenheit.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass weitere Forschung mit Langzeitdaten oder sequenziellen Designs erforderlich ist, um die Kausalrichtung der diskutierten Effekte und den Einfluss potenzieller Störfaktoren zu untersuchen. Nichtsdestotrotz trägt diese Studie dazu bei, negative Stereotype über unsichere Bindungen und geringere Zufriedenheit in KNM-Beziehungen zu hinterfragen. Therapeut:innen sollten über solche Ergebnisse besser informiert sein, um zu vermeiden, dass Klient:innen, die KNM-Beziehungen erkunden, unter Rechtfertigungsdruck geraten oder davon abgehalten werden.
Darüber hinaus sollten Bindungsforscher:innen diese Erkenntnisse in ihre Konzepte von Bindung integrieren, um die Bindungstheorie inklusiver, weniger voreingenommen und anwendbarer für Menschen in nicht-exklusiven Beziehungen zu gestalten. Wie Fern (2020) in ihrer Übersicht anmerkt, ist der entscheidende Punkt, konkrete Beziehungspraktiken zu entwickeln, die Bindungssicherheit und Wohlbefinden fördern. In weniger exklusiven (z. B. polyamorösen) Beziehungsmodellen erfordert dies jedoch die aktive Aneignung und Anwendung solcher Praktiken, da die mononormative Gesellschaft nur wenig Anleitung für deren erfolgreiche Umsetzung bietet.
Masterarbeit Psychologie, Universtität Kassel, Original auf Englisch
Exploring Attachment Styles and Relationship Satisfaction in Monogamous and Consensual Non-Monogamous Relationships
Abstract
The traditional assumption in attachment theory, among therapists, and in society is that monogamous relationship agreements are necessary for secure attachments and high relationship satisfaction, whereas consensually non-monogamous (CNM) relationships are often viewed as a strategy for avoiding attachment. In line with a growing body of research challenging both assumptions, the present study explores the associations between the two common attachment styles (anxious and avoidant), relationship satisfaction and relationship exclusivity. Relationship exclusivity is operationalized on a continuous scale of consensual sexual and emotional exclusivity, ranging from monogamy to non-hierarchical polyamory. Using an online questionnaire, participants (N_subjects = 497) provided information on up to four of their current and past relationships (N_observations = 1,159). Results from four multilevel models showed that relationship satisfaction slightly decreased with relationship exclusivity (𝛽 = 0.06) and was negatively predicted by an avoidant attachment style (𝛽 = -0.12), whereas an anxious attachment style did not explain additional variance in satisfaction. Attachment styles and relationship exclusivity were not intercorrelated, and the association between exclusivity and satisfaction remained consistent across different levels of avoidant and anxious attachment styles. These findings suggest that individuals in less exclusive CNM relationships may have similar attachment patterns and can experience at least as much satisfaction as those in more exclusive (including monogamous) relationships. Limitations including targeted sampling, and future research directions such as longitudinal studies are discussed. This thesis may have practical relevance for couples therapists and those exploring varying degrees of relationship exclusivity.
Keywords: consensual non-monogamy, relationship exclusivity, attachment styles, relationship satisfaction, multilevel model
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Conclusion and Pratical Implications
This study is the first to conceptualize the distinction between monogamous and various forms of consensually non-monogamous (CNM) relationships as a continuous variable, relating it to attachment styles and relationship satisfaction. Given this operationalization and the limitations discussed, the data suggest that individuals in less exclusive relationships tend to be slightly more satisfied. Additionally, the results emphasize that the avoidant attachment style is associated with lower relationship satisfaction across all relationships, and that the agreed level of exclusivity does not correlate with any unsecure attachment style. These findings reinforce that less exclusive non-monogamous relationships do not appear to be a general strategy to avoid attachment and closeness, but rather to be an alternative way to experience at least similar satisfaction as in monogamous relationships, aligning with previous studies (Rubel & Bogaert, 2014). The study further indicates no significant interaction between attachment styles and relationship exclusivity regarding relationship satisfaction. Interpreting these results, individuals with a high level of a given attachment style do not appear to be more satisfied in either monogamous or less exclusive relationships, setting aside the minor association between
exclusivity and satisfaction. Therefore, it may not be appropriate to specifically advise individuals with anxious or avoidant attachment styles to pursue monogamous or non- monogamous relationships based on the expectation of greater benefit.
It is important to note, however, that further research using longitudinal or sequential designs is needed to examine the directionality of the effects discussed and the impact of potential confounders. Nevertheless, this study contributes to challenging negative stereotypes about insecure attachment and lower satisfaction in CNM relationships. Therapists should be more informed about such results in order to avoid putting clients who are exploring CNM relationships under justification pressure or discouraging them from trying. In addition, attachment researchers should integrate these insights into their concepts of bonding to make attachment theory more inclusive, less biased, and more applicable to people in non-exclusive relationships. As Fern (2020) notes in her review, the most crucial aspect is to establish concrete relationship practices that foster attachment security and well-being. However, in less exclusive (e.g., polyamorous) relationship models, this requires the active acquisition and application of such practices, as the mononormative society offers little guidance for their successful implementation.
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